I know of no single factor that more greatly affects our ability to perform than the image we have of ourselves. (..) The most dramatic changes that take place…occur when you abandon a concept of self which had previously limited your performance. My job is to let go of the concepts and limiting images which prevent me from perceiving and expressing my greatest potential.”


(Timothy Gallwey, author of Inner Game of Tennis; in The Total Runner by Dr. Jerry Lynch)

Sonntag, 23. November 2014

Männerpause am Fuchstanz

Wir haben heute die Wahl zwischen 
  1. im Bett liegen bleiben
  2. eine kurze flache Runde, weil es nur 4°C sind
  3. Spinnig oder
  4. auf den Sandplacken am großen Feldberg im Taunus fahren

Die Wahl fällt uns nicht schwer. Das Wetter soll sonnig und trocken werden und zusätzlich hat sich der Vorfahrer in der roten Jacke gestern äußerst vielversprechend geäußert und so wird sich also entsprechend angezogen und pünktlich um 10h sind wir abfahrbereit an der Waldtraut in Oberursel. Hier kann ich schnell feststellen, dass alles voller Fahrradfahrer und Läufer ist und das ich ganz sicher der Langsamste und Unsicherste von allen hier bin. Daran können wir aber nur mit Rad fahren etwas ändern. Technik haben kommt von Technik üben und Ausdauer kommt von Training. 

Im Gegensatz zum letzten Ausflug mit dem Vorfahrer in der roten Jacke, geht es heute nicht kreuz und quer durch den Wald, sondern relativ geordnet voran. Wir folgen einem Weg mit einer Markierung, die ich immer erst etwas zu spät wahrnehme. Also ich würde als Vorfahren mal definitiv nichts taugen. Aber ich habe ja auch keine rote Jacke. 


Zwischendurch, während ich dafür sorge, dass ich den Durchblick wieder habe, machen die Herren ganz tolle Fotos von der aufsteigenden Sonne, dem Nebel und dem Wald. Ich habe einfach viel zu viel mit Puste zurückgewinnen und Klarheit schaffen zu tun, als um auch noch für die fotografische Dokumentation zuständig zu sein. Die Herren dagegen haben unfassbar endlose Puste. Sie fahren nicht nur die gleichen Steigungen hinauf wie ich, sie treten viel lockerer und können zusätzlich auch noch in einer Tour erzählen. 


Anfangs geht das bei mir zwar auch noch, aber je länger die Steigung wird, desto weniger Puste ist vorhanden. Unnötig zu erwähnen, dass ich natürlich vorher wußte, dass es Feldberg heißt und die Wahrscheinlichkeit, dass mit Anstiegen zu rechnen ist, hoch war. Aber ich will auch nicht immer die Spaßbremse sein. Also mache ich lieber mal eine Durchpustpause, als die Herren zum umkehren zu überreden. Es wird ja wohl zu schaffen sein. 

Wir fahren wirklich schöne Wege. Der Vorfahrer in der roten Jacke hat ein tolles Händchen im Aussuchen und ich fahre einfach vertrauensvoll neben dem Zeugwart und ihm her. Und obwohl Geschwindigkeit beim Rad fahren Sicherheit bedeutet, schaffe ich es bergauf kaum schneller als wenn ich gehen würde. Aber, ich fahre. Und ich muß nur zweimal zum schieben absteigen. Das paßt aber, denn die Herren warten einfach oben. Und dann steige ich dann einfach wieder auf. 

Uns begegnen wirklich unheimlich viele Fahrradfahrer. Praktisch alle sind mit Mountainbikes unterwegs, so wie der Zeugwart und der Vorfahren in der roten Jacke. Ich fahre natürlich meinen Crosser, lerne aber, dass die Übersetzung beim Crosser für die Bergziegenetappen nicht ganz so perfekt geeignet ist. Offenbar könnte man einfach ein Kettenblatt mit mehr Zähnen einsetzen. Ich persönlich bin nicht überzeugt, dass ein paar Zähne mehr hier helfen könnten. Immerhin hat ein Löwe ja auch weniger Zähne als ein Mensch und trotzdem, ist er es, der die Antilope reissen kann. Einem Menschen würde ich das jetzt nicht zutrauen. Die Zahnanzahl an sich überzeugt mich also nicht. Aber natürlich lasse ich mich gerne eines Besseren belehren. 


Und auf einmal sind wir, als wäre nichts gewesen, oben. Auf dem Sandlacken, nicht auf dem Feldberg natürlich. Das war aber unser eigentliches Ziel, niemand hatte heute tatsächlich vor, bis auf den Feldberg hoch zu fahren. Zumindest hat mir das keiner vorher so gesagt. 


Ab sofort geht es immer nur bergab. Das stelle ich mir, weil ich unheimlich ahnungslos, grenzenlos naiv und offenbar auch ein bisschen dämlich bin, total super vor. Berg runter heißt in meiner Welt Entspannung, nicht treten, die Beine können sich ausruhen und man bremst dann eben ein bisschen. Aber was soll da schon kritisch dran sein? Denke ich mir. Auch, als der Vorfahren in der roten Jacke mich fragt, wie denn meine Bremskraft so ist, komme ich einfach überhaupt nicht drauf, dass er einen Hintergedanken dabei hat. Aber natürlich hat er den. Alles was er fragt und sagt hat Hand und Fuß... aber bei mir macht es nicht Klick. 

Wir fahren zum Fuchstanz, immer nur bergab, und legen ein kurzes Päuschen ein. Ich muß auf die Toilette und ich muß meine Flasche auffüllen. Und Räder bestaunen. Hier gibt es vielleicht eine Materialschlacht. Wirklich beeindruckend. Es gibt Mountainbikes, mit Reifen, die ich mit meiner Hand nicht umfassen kann. Angeblich aber lassen sie sich hervorragend fahren. Hauptsächlich sind hier Männer, die eine Pause machen. Ich bin ein Exot. Wahrscheinlich brauchen Frauen für gewöhnlich keine Pausen und fahren einfach weiter? Ich muß besser trainieren um das auch zu können. Irgendwann. 

Nachdem ich mit voller Flasche wieder auf meinem Rad sitze, fahren wir leicht kreuz und quer, aber immer bergab. Das ist ja noch viel anstrengender als vorhin bergauf. Ich bin total verrückt, weil ich mir wirklich wünsche, einfach noch mal einen ordentlichen Anstieg hochkurbeln zu können. Aber nein, der Vorfahrer in der roten Jacke hat die Devise "immer nur bergab" ausgegeben und so wird's natürlich auch gemacht. 


Crosserbremsen sind für solche Bergabetappen sicherlich die die idealste Ausstattung. Und spontan wird mir auch klar, was mit Bremskraft eigentlich gemeint war. Ich muß, mitten am Hang, ein paar Pausen machen um meine Arme und Hände zu lockern. Weil ich ein Schisser bin. Ich könnte natürlich auch einfach rollen lassen, aber dann werde ich rasend schnell und das ist mir unangenehm. Also lieber etwas vorsichtiger. 

Irgendwann sind wir plötzlich wieder zurück am Ausgangspunkt. Also das ging jetzt aber flotter als erwartet. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich jemals wieder ohne Muskelkater bewegen kann... aber selbst wenn das der Fall wäre, das war es wert. Was eine schöne Radausfahrt! 

Danke dem Zeugwart und vor allem dem Vorfahren in der roten Jacke, beide hätten wahrscheinlich ganz locker die doppelte Strecke, Steigung und Abfahrt in der gleichen Zeit fahren können, aber  sie haben ihren Vormittag lieber mit mir verbracht. Wahrscheinlich auch, weil beide Herren sicher waren, dass ich am Fuchstanz die Männerpause mitmache, die ihnen sonst bei weiblicher Begleitung wahrscheinlich verwehrt bleibt. 

5 Kommentare:

  1. Hi Claudi,
    es ist toll zu lesen, wie du mehr und mehr an Sicherheit zurück gewinnst.
    Ich habe mir auf meinen Rennrad für hinten auch ein zuzätzliches Ritzel mit mehr Zähnen als normal einbauen lassen. Das ist mein sogenanntes Angstritzel und ich schnaufe nicht mehr ganz so laut. Aber schnaufen tue ich immer noch.
    Liebe Grüße und vielen Dank für die Creme, die auf einen ersten Test wartet
    Karina

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    1. Hi Karina,
      schön, dass die Creme angekommen ist. Also das mit den Zähnen muß ich noch mal überdenken... obwohl Du natürlich die Zahnfachfrau bist und ich Dir das einfach so glauben kann!
      Viele Grüße, Claudi

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  2. Hi Claudi,
    ein super Bericht :-)
    Natürlich hat die Zahnfachfrau Recht mit den Zähnen. Und so natürlich auch die Männers :-)
    Aber du hast das ja alles auch so super gemeistert. Ich finde es auch wirklich toll, das die Männers mit dir fahren, ich denke auch nicht, das du sooo viel langsamer bist. Außerdem umgeben sich sportliche Männer sehr gern mit Sportlern, auf die sie warten können :-)))
    Glaub mir, wenn du mal den Berg schneller hoch fährst als sie, wollen sie nicht mehr mit die fahren.
    Ich weiß wovon ich rede ;-)
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Hallo Helge,
      dass sie mich mitnehmen um dringend pausieren zu können ist natürlich eine sehr interessante Theorie...
      ganz liebe Grüße, Claudi

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  3. Puh, was für ein Abenteuer! Ich hätte bergab auch jede Menge Schiss, das gebe ich offen zu. Respekt also - und Danke für die vielen Fotos von der Tour: echt klasse!

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